»Reflexionen« – das LZO in concert

Ein Werkstattbericht von Sophia Berendt


24. Februar 2018, 20 Uhr. Circa zwanzig glückliche Musikerinnen und Musiker des Landeszupforchesters Berlin sitzen beisammen im anatolischen Restaurant in Köpenick, weit im Osten von Berlin, und haben dieses vergnügte und gleichzeitig geschaffte Lächeln auf den Gesichtern – dieses, das erscheint, wenn das Restadrenalin nach einem gelungenen Konzert noch in den Adern steckt. Wer hätte das Anfang Dezember 2017 schon gedacht, als etwa die Hälfte der nun Anwesenden in der Till-Eulenspiegel-Grundschule, am Stammprobenort des Orchesters im Berliner Norden, noch wild darüber diskutierten, wer welche organisatorischen Aufgaben übernehmen, wo das Probenwochenende im Januar stattfinden und an welchem Ort dieses besagte Konzert eigentlich seinen Aufführungsort finden sollte.

Auch die Soloklarinette für ein Konzert, komponiert in den eigenen Reihen von Daniel Huschert, war noch nicht gefunden und unser Dirigent Symeon Ioannidis hatte kurzfristig einen Job angeboten bekommen, mit dem er tatsächlich Geld verdiente – das Konzert lag gedanklich zu diesem Zeitpunkt noch in recht weiter Ferne.

Von dieser Unwissenheit ist an diesem Februarabend nun nichts mehr zu spüren, aber wenn man in die Gesichter blickt, kann man erkennen: Hier ist man stolz und froh, dass da etwa richtig Gutes bei rausgekommen ist, und zwar in gemeinschaftlicher Arbeit aller Mitspielerinnen und Mitspieler. Unserem Antrag bei der Klassenlotterie wurde stattgegeben, wir fanden einen Konzertort und plötzlich hatten wir auch ein richtig schönes Wochenende in der Jugendherberge am Wannsee. Gut, erst hatte man uns in den Discokeller beordert, aber auch die Dunkelheit und nicht sofort funktionierende Heizungen konnten den Spielwillen nicht stoppen – und so lernten wir an diesem Wochenende nicht nur uns beim samstäglichen Feierabendbier wieder ein bisschen besser, sondern auch unsere nun aufgefundene und tolle Klarinettensolistin Sarah Herzog kennen. Ihre Interpretation des Konzerts gefiel gottseidank nicht nur dem Orchester, sondern auch dem Komponisten Daniel sehr gut. Auch bei dieser Zusammenkunft wurde über die Zukunft des Orchesters diskutiert und in sehr offener und konstruktiver Atmosphäre über die Motivation der Mitspieler, die Programmauswahl und die Zielsetzung für das kommende Jahr nachgedacht. Außerdem wurden organisatorische Aufgaben mit etwas langfristigerer Perspektive von unterschiedlichen Personen übernommen, um den zeitlichen und inhaltlichen Aufwand auf allen Schultern zu verteilen. Diese Offenheit hatte eine positive Wirkung: Bei der Generalprobe eine Woche vor dem Konzert war die Stimmung auf jeden Fall konzentriert und motiviert, und in der Aula der Grundschule versuchte man nun so gut wie möglich, mit den komplizierten Rhythmen des Werks „La Notte del Principe“ von Oliver Kälberer konstruktiv umzugehen, den eingesprungenen Gitarristen Julius Theo Helm im Konzert von Johann Sigismund Weiss zu unterstützen und im Piazzolla möglichst argentinisch daher zu kommen. Beim Konzert selbst wurden wir dann solistisch und im Duo vor allem mit argentinischen Emotionen noch unterstützt von der wunderbaren Akkordeonistin Christine Herzog und Erik Elias, ihrem Duopartner und einem der Gitarristen aus dem Orchester. Darüber hinaus gab es auch noch ein vokales Intermezzo, bei dem der Canto Vokale, ein Ensemble aus neun Sängerinnen und Sängern hervorgegangen aus dem Hugo Distler Chor, das Publikum mit Gesualdo und Zeitgenossen versorgte. Sarah spielte ihre Klarinette vorwitzig, Julius füllte den Weiss mit Leben und die Zimbelklänge ließen die Sonnenfinsternis im Programmstück von Kälberer in der entscheidenden Nacht erstrahlen – und versöhnten uns mit den Rhythmen! Alles in allem ein sehr rundes Konzert, mit einem sehr angetanen Publikum. Kleiner fun fact: Es fand in einer Adventistengemeinde in bester Akustik über einem Ganzkörpertaufbecken statt – das hat man auch nicht alle Tage…

„Reflexionen“ hieß unser Programm, und alles in allem war das wohl auch ein äußerst passender Titel – nicht nur musikalisch, sondern auch für unsere Orchestergemeinschaft. Nun freuen wir uns auf unseren Ausflug zum Eurofestival nach Bruchsal, der sicher wie immer ein paar tolle Tage mit viel fantastischer Musik bedeuten wird. Und wir haben auch eine Uraufführung im Gepäck…